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Absprung

Im Kontext zu Google Analytics und Urchin Software werden wir immer wieder gefragt, was der Unterscheid zwischen Einstiegen, Ausstiegen und Absprüngen sei. Auf den ersten Blick scheint es hierzu keine vernünftige Erklärung zu geben. Betrachten wir uns das Geschehen auf einer Website aber einmal genauer, wird deutlich, wie Google Analytics und Urchin Software hier unterscheiden.

Einstiege

Der Begriff „Einstieg“ (englisch: „Entrance“) ist wohl am schnellsten erläutert: Es handelt sich hierbei um die Seite einer Internetpräsenz, die der Besucher direkt aufgerufen hat (z. B. www.webalytics.de/urchin-software/) oder auf der er durch eine Kampagne (z. B. Google AdWords, Bannerwerbung, etc.) gelandet ist. Dieser initiale Einstieg wird somit zurecht als „Einstieg“ bezeichnet.

In der nachfolgenden Grafik wird ein Standard-Clickstream dargestellt, bei dem der Besucher die Website auf Seite 1 betritt und sich dann weiter auf Seite 2 und Seite 3 bewegt:

Standard Clickstream - Einstieg

Ausstiege

Unter „Ausstieg“ (englisch: „Exit“) wird das Verlassen der Website verstanden. Dies kann durch das Schließen des Browsers geschehen, das Ansurfen einer anderen Website oder aber auch durch das Ablaufen der Sitzung geschehen. In jedem Fall aber setzt der „Ausstieg“ das VORHERIGE Besuchen von anderen Seiten innerhalb der Internetpräsenz voraus.
Aus der nachfolgenden Grafik geht hervor, wie der Besucher die Website auf Seite 1 betritt, sich dann weiter auf Seite 2 und Seite 3 bewegt. Auf Seite 3 schließt der Besucher dann den Browser und verursacht damit  einen „Ausstieg“:

Standard Clickstream - Ausstieg

Absprung

Zuletzt betrachten wir uns noch den „Absprung“ (englisch: „Bounce“). Hierbei wird ebenso wie bein Ausstieg der Fokus von der Seite wegbewegt. Allerdings geschieht das bereits auf der Einstiegsseite, ohne dass weitere Seiten zuvor besucht wurden.

In der nachfolgenden Grafik wird deutlich, wie ein Besucher auf die Seite 1 gelangt und durch das Schließen des Browsers einen Abspruch verursacht:
Standard Clickstream - Absprung

Eine Kombination aus allen dreien

Kann nun ein einzelner Besucher während seines Besuchs auf der Website alle drei Status verursachen? Ja, kann er! Wie Ihnen sicherlich schon bekannt ist, hat eine Besuchersitzung bei Inaktivität (also, wenn der Besucher keine weitere Seite abruft oder sonst mit der Seite interagiert) eine maximale Gültigkeitsdauer von 30 Minuten. Nach ablauf dieser Zeit gilt der Besuch als beendet.

Was wäre denn nun aber ein Grund dafür, dass der Besucher auf einer Seite keine Aktionen mehr ausführt? Nun, derlei gibt es viele, hier einmal die wichtigsten:

  • der Besucher liest gespannt einen Artikel (Zeitung, Blog, etc.), der über mehrere Seiten reicht
  • der Freund / die Freundin des Besuchers ruft an und verwickelt diesen in eine endlos lange Diskussion bezüglich des nächsten Kinobesuchs
  • Mittagspause, Kundenbesuch, Dienstreise, oder sonstige Ablenkung…
  • der Besucher ist vor Erschöpfung / Langeweilse am PC eingeschlafen

Nein, ernsthaft, in der Tat gibt es viele Möglichkeiten, warum ein Besucher eine Website für mehr als 30 Minuten „links liegen lässt“. Viel interessanter ist aber die Frage danach, was in diesem Zusammenhang passiert.

Clickstream - Einstieg, Ausstieg, Absprung

Die obenstehende Grafik zeigt auf, dass der Besucher den „Einstieg“ auf Seite 1 durchführt. Durch seine Inaktivität über 30 Minuten auf Seite 2 verursacht er dann einen „Ausstieg“, da die Sitzung abgelaufen ist. Da sich der Besucher aber dazu entschließt von Seite 2 die  Seite 3 aufzurufen, wird durch diese Aktion ein weiterer „Einstieg“ vermerkt. Schließt der Besucher dann seinen Browser auf Seite 3 wird zudem noch ein „Absprung“ gezählt, da Einstieg und Absprung auf der selben Seite stattfinden.

Stellenwert der Absprungrate (Bounce Rate)

Nachdem wir nun die Terminologie behandelt haben und Sie genau wissen, was der Unterschied zwischen Einstieg, Ausstieg und Absprung ist, müssen wir uns nun einmal näher mit der Absprungrate beschäftigen. Die Absprungrate bezeichnet völlig wertschöpfungsfrei das nüchterne Verhältnis zwischen Einstiegen und Absprüngen. Nicht mehr und nicht weniger. Die Nuancen und somit das Un- bzw. Missverständnis entsteht dann bei der Interpretation der Absprungrate, wenn diese total oder auf einzelne Seiten bezogen betrachtet wird.

Eine Absprungrate von 99,9% ist schlecht, richtig?

Nun ja, das lässt sich zwar vermuten, muss aber im Kontext der jeweiligen Seite genauer analysiert werden. Nehmen wir zum Beispiel eine Aktions-Seite aus dem myspace-Kontext (hier aktuell http://www.myspace.com/coca-cola, ohne dafür Werbung machen zu wollen). Das Prinzip von myspace gestaltet sich derart, dass eine einzige Seite zum Spielplatz der Besucher wird und somit alle Aktionen (Einstieg, Kommentare, Absprung, etc.) auf eben dieser Seite stattfinden. Alleine dadurch kann der Besucher gar keine Unterseiten aufrufen – er ist auf der einen Seite „gefangen“. Lediglich der Absprung auf eine andere Website, das Schließen des Browsers oder das einfache Auslaufen der Sitzungsdauer (30 Minuten) sind innerhalb dieses Kontext möglich. Ergo kann die Absprungrate hier nur gegen 100% laufen.

5% Absprungrate ist genial, oder?

Wie Sie sich anhand der vorigen Schilderung denken können, ist auch die einleitende Aussage so pauschal nicht ganz richtig. Betreiben Sie beispielsweise eine Landeseite, auf der die Besucher nichts weiter tun müssen, als eine Abstimmung für etwas durchzuführen, dann sollte Ihr Ziel natürlich sein, eine möglichst hohe Absprungrate zu erzielen, denn die Besucher sollen Option A oder Option B wählen und dann die Seite wieder verlassen. Kommt es nun dazu, dass die Besucher durch zusätzliche Elemente „abgelenkt“ werden (z. B. aufmerksamkeitserregende Buttons), wird das eigentliche Ziel verfehlt und der Besucher verliert sich ggf. in Unterseiten. Haben Sie hierbei evtl. noch AdWords zur Attrahierung von Besuchern eingesetzt, ist das aufgrund entstehender Kosten natürlich umso schlimmer.

Fazit:

Getreu dem Motto „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“ sollte gerade in Bezug auf die Absprungrate das richtige Augemaß angewendet werden. Nicht jede hohe Absprungrate ist somit zwangsläufig schlecht und nicht jede niedrige ein Grund zum Jubeln. Vielmehr sollte hier der Kontext  und das Geschäftsziel der jeweiligen Seite genau untersucht werden.

Ihr

Holger Tempel